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Mensch, was rennst denn so durchs Leben!?

Der Roman "Die Entdeckung der Langsamkeit" von Stan Nadolny hat mich schon vor Jahren in seinen Bann gezogen. Erst vor kurzem fand das Buch wieder den Weg aus den Untiefen meiner Bibliothek zurück in meine Hände. Es erzählt von der Kunst, das Leben langsam zu meistern, bedächtig, vorsichtig. Es erzählt die Geschichte des Nordpolfahrers John Franklin, der als Kind nicht in der Lage ist, einen Ball zu fangen, weil dessen Bewegung zu schnell ist oder nicht auf einen Baum klettern kann, ohne dessen Anordnung der Äste vorher auswendig gelernt zu haben.. Sein unübertroffenes Talent allerdings ist es, Menschen, Dinge, Landschaften mit all ihren Details und Feinheiten wahrzunehmen, wie es kein zweiter vermag. Letztendlich ist das genau jene Fähigkeit, die ihm ein höchst erfolgreiches Seefahrer-Leben ermöglicht.

 

Was das mit Hunden zu hat! Nun, eine ganze Menge. Unsere Hunde lieben das Langsame, das Bedächtige, das Genaue-Hinsehen oder besser gesagt Hinschüffeln. Ja, auch diejenigen, die das Rennen vermeintlich brauchen, die vermeintlich nicht zur Ruhe kommen, weil sie angeblich Hummeln im Hintern haben oder jene, die als "richtige" Arbeitshunde gelten!

Geht mal mit euren Hunden in den Wald und seht genau hin! Da geht es nicht darum, eine Wanderung von A nach B zu absolvieren, schlimmstenfalls im dezenten Stechschritt, schließlich ist ein Pensum zu erfüllen! Vielmehr ist Hund darauf bedacht, erst mal abzuchecken, wo er da gelandet ist, ob etwaige Sympathisanten, Konkurrenten oder gar eine unwiderstehliche Dame den Weg gekreuzt haben. Ganz zu schweigen von den Wildtieren, die hier zuhause sind. War Reineke Fuchs fleißig unterwegs? Ah da hinten stehen Rehe, gut versteckt, aber unsichtbar für meinen Menschen! Meister Lampe hatte es wie immer lustig beim Ringelreihen und die frechen Eichhörnchen hab ich sowieso am Radar! Das alles und noch viel mehr ist euer Hund in der Lage wahrzunehmen. Und ganz ehrlich, es wäre doch pure Verschwendung und unendlich schade, an einem so interessanten Ort einfach "durchzurasen".

 

Für uns Menschen bringt diese Fähigkeit der Hunde die einmalige Gelegenheit, selbst einen Gang runterzuschalten, die Natur, aber auch die "kleinen" Dinge des Alltags (wieder) bewusst wahrzunehmen und zu schätzen, durchzuatmen und sich selbst (wieder) zu spüren. Zu erkennen, wann ist es genug, wann gehen wir weiter, wann ist eine Pause angebracht. 

 

Ich durfte in den letzten Wochen zwei bezaubernde Hunde (und natürlich auch ihre Menschen!) begleiten, deren strahlende Augen einfach nicht zu übersehen waren, als sie realisierten, dass ihre Menschen "plötzlich" ganz anders mit ihnen unterwegs waren. Plötzlich war der Druck raus, plötzlich war die latente Hektik weg. Bei den Wanderungen, die wir gemeinsam unternommen haben, konnten wir zwar, was zurückgelegte Strecken betrifft, keinen Rekord verzeichnen aber in puncto Ruhe, Achtsamkeit und die Interessen der Hunde an der Natur teilen, waren wir richtige Meister.

 

Unterm Strich und wenn ich ganz ehrlich bin, sind wir ziemlich viel im Wald und an Bachufern gesessen, haben das Spiel des Sonnenlichts bewundert, haben bewusst bemerkt, dass die Hunde einen Windhauch Sekunden bevor er beim Menschen ankommt, wahrnehmen, haben seltene Pilzarten entdeckt und sind dem einen oder anderen Rehpfad gefolgt.

 

Und bevor hier jemand ein großes "Aber" in die Runde wirft, weil ein Hund doch ausgelastet(!) werden muss - glaubt mir, die beiden wirkten sehr glücklich und zufrieden und ausgeglichen als sie ihre Heimreise mit einem breiten Grinsen im Gesicht antraten. Und ihre Menschen auch!

 

...genießt die Fotos! Danke Chilly und danke Olivia! <3

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Kommentare: 5
  • #1

    Sonja Hartl (Samstag, 09 September 2017 07:18)

    Für Hunde gibt es nichts Schöneres als zusammen mit ihrem Menschen umherzustreunen und neue Wege zu entdecken, an interessanten Plätzen zu verweilen und Beeren vom Wegesrand zu naschen...

  • #2

    Sabine (Samstag, 09 September 2017 20:53)

    Ganz genau so seh ich das auch Sonja!

  • #3

    Christina (Montag, 11 September 2017 13:06)

    Toll, und so wahr, da kann ich mich an der eigenen Nase packen und auch gleich mal einen Gang runterschalten :-)

  • #4

    kotsch.susa (Mittwoch, 04 Oktober 2017 07:00)

    Die ersten Jahre mit meinem Hund bin ich auch mit ihm durch die Gegend gerannt. Ist doch ein hochmotivierter Jagdhund. Dann aber las ich hierzu einen Artikel und wir entschleunigen unser Tempo. Es hat uns zusammengeschweißt und uns vieles entdecken lassen.

  • #5

    Sabine (Mittwoch, 04 Oktober 2017 11:07)

    Oft kann man es sich nicht vorstellen, das Tempo rauszunehmen, weil man meint der Hund will doch! Aber wenn man sich drüber traut und nicht gleich aufgibt, bekommt man so viel Schönes zurück, vor allem Lebensqualität und ein echtes Miteinander : )